UVP-Report 2/1997

Auswirkungen des Goldbergbaus in der Gemeinde Bonanza, Nicaragua

Gisa Ruland, Jens Wieting

Goldsucher bei der Arbeit in Bonanza

1.         Einleitung

Besonders in Entwicklungsländern sind mit dem Goldbergbau erhebliche ökologische und soziale Probleme verbunden. Der Bergbau findet oft in ökologisch sensiblen Räumen statt und kann die Umwelt erheblich beeinträchtigen, vor allem wenn ausreichende Gesetze zum Schutz der Umwelt fehlen oder ihre Einhaltung nicht kontrolliert wird. In vielen Regionen von Entwicklungsländern ist der Kleinbergbau die wichtigste wirtschaftliche Aktivität und Erwerbsquelle von Millionen von Familien. Bei der Konzessionsvergabe an Großunternehmen kann es zu Konflikten kommen.

Auch in der Bergbauregion im Nordosten Nicaraguas in der Pufferzone des Reservates BOSAWAS kommt es durch den industriellen und Kleinbergbau zu Umweltbelastungen und Konflikten. Das Projekt Ressourcenschutz und ländliche Entwicklung des Gebiets BOSAWAS des nicaraguanischen Umweltministeriums (MARENA) unterstützt von der Deutschen Gesellschaft für technische Zusammenarbeit (GTZ) beauftragte das Büro ÖKOplan Berlin damit, die Auswirkungen des Goldbergbaus in der Gemeinde Bonanza und auf das Reservat BOSAWAS zu untersuchen und Empfehlungen zu entwickeln, wie mögliche negative Auswirkungen vermindert oder vermieden werden können.

2.         Bestandssituation

In den Gemeinden Bonanza, Siuna und Rosita in der dünn besiedelten autonomen Nordatlantikregion Nicaraguas stellt der Goldbergbau in industrieller und traditioneller Form die wichtigste wirtschaftliche Aktivität dar. Die Goldgewinnung mit den einfachen Methoden des Kleinbergbaus begann vor etwa 100 Jahren und wurde kurze Zeit später auch von ausländischen Unternehmen aufgenommen, die die Entwicklung dieses Gebietes bestimmten und zur Entstehung von Wirtschaftsenklaven führten. Im Untersuchungsraum, der Gemeinde Bonanza, arbeitet ein Bergbauunternehmen und rund 1.000 Menschen sind im Kleinbergbau tätig.

Die Gemeinden Bonanza und Siuna stellen einen Teil der Pufferzone des Reservates BOSAWAS dar, welches sich an der Grenze zu Honduras zwischen den Flüssen Coco, Bocay und Waspuk sowie dem Berg Saslaya erstreckt. Es umfasst eines der größten noch nicht zerstörten tropischen Regenwaldgebiete in Zentralamerika mit einer Kernzone von 8.000 km2  und einer Pufferzone von 10.000 km2.

Die Bergbauregion liegt in den Immerfeuchten Tropen der Atlantikküste Nicaraguas mit Niederschlägen von 2000 - 3000 mm und einer mittleren Temperatur von 25°C. Aufgrund der Ausläufer des zentralen Bergschildes Nicaraguas mit Erhebungen bis zu 1000 m Höhe und der von Ost nach West abnehmenden Niederschläge haben sich vielfältige Ökosysteme montaner und tieferer Lagen mit Laub abwerfenden und immergrünen Baumarten entwickelt. Die tropischen Böden sind nur bedingt für die Landwirtschaft geeignet.

Die Einzugsgebiete des Río Coco und des Río Prinzapolka haben eine herausragende Bedeutung für den Wasserhaushalt der Region. Die Zuflüsse des Coco im Gemeindegebiet Bonanzas, Pis-Pis und Waspuk, entwässern in das Reservat BOSAWAS, der Tungki, Zufluss des Río Prinzapolka, fließt Richtung Osten direkt in den Atlantik.

Die Bevölkerung in der Region besteht heute überwiegend aus Mestizen, die in zunehmendem Maße aus anderen Landesteilen in das Gebiet kommen, Brandrodung ausüben und Rinderhaltung einführen, außerdem aus Miskitos, der dominanten indigenen Bevölkerungsgruppe der Atlantikküste und den Mayangna bzw. Sumu, die in lockeren Gemeinschaften an den Oberläufen der Flüsse in den waldreichen Gebieten leben und weitgehend naturverträglich die natürlichen Ressourcen nutzen.

Die Entfernung von den Hauptentwicklungsgebieten Nicaraguas an der Pazifikküste, die geringe demographische Dichte des Landes, die Unzugänglichkeit der Region und bis vor wenigen Jahren der Bürgerkrieg haben zunächst eine intensive Besiedlung und Nutzung verhindert. Diese Situation veränderte sich jedoch mit dem Kriegsende 1990. Vertriebene, Landlose aller Bürgerkriegsparteien, Siedler aus anderen Landesteilen und Goldsucher (in Nicaragua Güiriseros genannt) dringen in das Gebiet ein und verändern oder zerstören durch ihre nicht an die ökologischen Gegebenheiten angepaßten Landnutzungsformen die ursprünglichen Ökosysteme.

3          Goldbergbauaktivitäten

3.1       Industrieller Goldbergbau

1994 wurde das aus den dreißiger Jahren stammende Bergbau-Unternehmen Bonanzas privatisiert und für den überwiegenden Teil der etwa 2000 km2 umfassenden Gemeindefläche Konzessionen für den Abbau und die Exploration der Erzvorkommen vergeben. Ein Kleinbergbau-Unternehmen erhielt 1992 drei kleine Konzessionsflächen.

Die Aufbereitungsanlage wird zu einem Teil mit den durch das Unternehmen über und unter Tage abgebauten Erzen beliefert, zum anderen Teil durch unter Vertrag genommene Kollektive der Güiriseros.

Die Erzgewinnung des Unternehmens richtet sich hauptsächlich auf die bekannten Reserven über und unter Tage. Es konnten jedoch auch neue Abbauaktivitäten in bisher unberührt gebliebenen oder lange stillgelegten Bereichen festgestellt werden, in denen neue Straßen angelegt und bedeutende Flächen devastiert werden.

Für den unterirdischen Abbau wird durch das Unternehmen in großem Umfang hochwertiges Bauholz verbraucht, das in einem Sägewerk in Bonanza eingeschnitten wird.

Die Aufbereitungsanlage arbeitet mit Zyanidlaugung (Merrill-Crowe-Verfahren) nach der Vermahlung der Erze, dabei werden etwa 1 kg Natriumzyanid, 3 kg Kalk, 0,6 g Bleiazetat und 52 g Zink je Tonne Erz eingesetzt. Die Goldausbeute des Verfahrens beträgt etwa 88%.

Die maximale Kapazität der Aufbereitungsanlage in Bonanza liegt bei etwa 750 t Erzmate­rial/Tag. Ende 1995 lag sie aufgrund des schlech­ten Gesamtzustands der Anlage nur bei 150 t/Tag.

In der Nähe der Aufbereitungsanlage ist die Inbetriebnahme eines Oxidations­beckens und einer Deponie geplant. Bei beiden Standorten handelt es sich bisher noch um relativ intakte Gewässer- bzw. Waldökosysteme.

3.2       Kleinbergbau

Der Kleinbergbau wird von den Güiriseros in ver­schiedenen Kooperationsformen und auf verschiedenen technischen Niveaus betrieben. Der größte Teil der etwa 1.000 Güiriseros in Bonanza arbeitet im Erzabbau. Das zerkleinerte Material wird zur Aufbereitung entweder an das Unterneh­men geliefert oder an einer der sechs in der Gemeinde betriebenen Kleinanlagen aufbereitet. Die Güiriseros arbeiten indivi­duell, in locker assoziierten kleinen Gruppen oder Kollektiven, die gemein­sam Werkzeuge besitzen und Anlagen betreiben oder Erze abbauen. Ein Teil der Güiriseros gewinnt Gold durch einfache Methoden wie Pfanne, Waschrinnen oder improvisierte Mörser. In Bonanza richtet sich der Erzabbau der Güiiriseros auf relativ reiche Vorkommen mit einem Goldgehalt von 0,5 - 1 Unze (15-30g)/t Erz.

Erzabbau

Aufgrund des Charakters der Primärlagerstätten ist der Kleinbergbau vielfach als Zwischenform von Tage- und Tiefbau anzusehen. Die Abbaustellen über Tage nehmen kleine Flächen bis maximal 0,25 ha ein. Die Goldadern werden in Schächten oder an Hängen in Stollen abgebaut. Je nach Vorkommen werden Schächte mit einem Durchmesser von 1-2 m und einer Tiefe von bis zu 20 m angelegt und provisorisch mit Holz gesichert. Die Erze werden mit einfachen Werkzeugen und unter hoher Unfallgefahr gewonnen. Die Ausrüstung ist beschränkt auf Schaufeln, Hacken, Brech­eisen, Hammer und Meißel, Schutzmaßnahmen fehlen. Das Abbaumaterial wird in Säcken zur nächsten Straße getragen und mit Lastwagen zur Verarbeitung transportiert.

Aufbereitung

Bei allen von den Güiriseros angewandten Verfahren wird Quecksilber zur Amalgamation eingesetzt. Das Amalgam wird an Ort und Stelle oder in den Häusern der Güiriseros auf dem offenen Feuer erhitzt, und der Quecksilberanteil verdampft. Meist wird mit einem größeren Pflanzenblatt, das während des Erhitzens über das Amalgam gehalten wird, so daß Quecksilber kondensiert, ein Teil des Quecksilbers zurück gewonnen. Die Goldausbeute der von den Güiriseros angewandten Verfahren beträgt 30-50%.

Pfanne (Paneo)

In Bonanza sind Pfannen aus Metall das einfachste Werkzeug des Güiriseros. Sand und Gesteine werden mit Wasser in der Pfanne bewegt, wobei die leichteren Materialien ausgespült werden, während sich die schwereren Anteile in der Pfanne konzentrieren. Wenn die Goldpartikel sehr fein sind, wird Quecksilber zugegeben. Ein Goldsucher kann mit einer Pfanne bis zu ein Penique (1,5 g) Gold am Tag auswaschen, dabei wird etwa die dreifache Menge Quecksilber verbraucht.

Waschrinne (Cajon)

Mit der Waschrinne können größere Materialmengen mit einer höheren Ausbeute ausgewaschen werden. Die Rinnen werden aus Brettern hergestellt und mit einem Gefälle von 10° aufgestellt. Das Material wird mit Wasser durch die Rinne bewegt, wobei die goldhaltigen Partikel in einem ausgelegten Filz zurückbleiben und mit Quecksilber in der Pfanne ausgewaschen werden können.

Mörser (Molinete)

Hierbei handelt es sich um ein einfaches Mahlverfahren in einem im Gestein oder mit Zement geformtem Mörser. In Bonanza wird die Vertiefung im Differentialgetriebe ausgedienter LKW-Achsen benutzt. Gemahlen wird nach Zugabe von Quecksilber mit Hilfe eines runden Steins, an dem ein Eisenstiel befestigt ist. Das amalgamierte Gold wird mit der Pfanne ausgewaschen.

Kollergang, Rollquetsche (Rastra)

Die Rastra besteht aus einem eisernen Kreuz, das auf einer Achse zentriert wird. An den vier Enden des Kreuzes hängen 50-100 kg schwere Mahlsteine, die über eine ebene Oberfläche in einem Becken schleifen, wäh­rend Wasser und Quecksilber zu den zu mahlenden Erzen hinzugegeben werden. Fast alle Rastras in Bonanza werden mit Dieselmotoren betrieben, eine Anlage mit Wasserkraft. Das Material wird durch eine Rinne geleitet, in der die amalgamierten Goldpartikel in einem Filz zurückbleiben, etwa die Hälfte des Quecksilbers wird jedoch fortgespült. Die Mühlen in der Umgebung von Bonanza verarbeiten etwa 1 t Erz/Tag. 

Pochwerk (Bateria de mazos)

Pochwerke verarbeiten Roherze bis 50 mm Durchmesser. Das Material wird manuell in die Maschine gegeben und von Stößeln, die ebenfalls mit einem Motor bewegt werden, pulverisiert. Das gemahlene Material fließt dann über ein geneigtes Kupferblech, das zur Amalgamation des freien Goldes mit einer Schicht Quecksilber überzogen ist.

Pfanne Hammerwerk
Rastra Waschrinne

 

4.            Umweltauswirkungen der Goldbergbauaktivitäten in Bonanza

Der Goldbergbau mit einer ganzen Kette von Arbeitsvorgängen verbunden, die mit Umweltbelastungen unterschiedlicher Art und unter­schiedlichen Ausmaßes verbunden sind. Diese hängen unter anderem von den ökologischen Bedingungen des Abbaugebietes, der Menge des Abraums, der Tiefe der Lagerstätte, der chemischen Zusammensetzung der Erze, den umgebenden Gesteinsschichten und Böden sowie den Aufbereitungsverfahren ab.

Schon mit der Exploration sind häufig Rodungen, Schadstoffbelastungen, Beeinträchtigungen des Grundwassers und Konflikte mit der indigenen Bevölkerung verbunden. Zu Umweltauswirkungen größeren Ausmaßes kommt es hauptsächlich durch den Erzabbau und die Aufbereitungsverfahren des industriellen und Kleinbergbaus.

4.1       Umweltauswirkungen des Erzabbaus

Der Erzabbau der Industrie wie auch des Kleinbergbaus ist mit Devastation sowie Erd- und Materialbewegungen verbunden, die das ursprüngliche Ökosystem weitgehend zerstören. Im Gegensatz zum Kleinbergbau nimmt der industrielle Abbau größere Flächen in Anspruch und Stollen und Schächte reichen in größere Tiefen. Die Anlage von Stollen und Schächten führt ebenfalls zu Oberflächenveränderungen, da vor allem an Hängen Erosion ausgelöst wird. Bereits 1980 wurde geschätzt, dass ein Drittel des Gemeindegebietes Bonanzas durch den Bergbau geschädigt ist.

Der Erzabbau beeinträchtigt alle ökologischen Funktionen und ihren Nutzen für die Bevölkerung. Es kommt zu Beeinträchtigungen des Wasserhaushaltes und der Luftqualität sowie zum Verlust von Böden. Konflikte entstehen, wenn der Erzabbau andere Landnutzungen beeinträchtigt.

Derzeit erfolgt keine Sanierung oder Rekultivierung der Tage- und Tiefbaue nach Beendigung der Bergbautätigkeit. Ungesicherte und verlassene Schächte und Stollen stellen eine Unfallgefahr dar.

Die Bergmänner sind sowohl im industriellen als auch im Kleinbergbau unter Tage Staub, Lärm, Sauerstoffmangel und Gasen ausgesetzt. Es gibt Hinweise auf vermehrte Fälle von Staublunge und Tuberkulose bei Bergleuten.

4.2       Umweltauswirkungen der industriellen Aufbereitung

Die Aufbereitungsanlage stammt aus dem Jahr 1939 und arbeitet seitdem nach demselben Verfahren. Durch die Art des Verfahrens, Alterungserscheinungen und Defekte kommt es zu schwerwiegenden Umweltbelastungen. Zyanidlauge leckt auf dem Gelände der Anlage aus korrodierten Leitungen und Behältern, Zyaniddämpfe entweichen aus offenen Becken und Zyanidfässer werden unter offenen Himmel gelagert. Die Arbeiter sind vielfach Staub, Lärm und Zyaniddämpfen ausgesetzt.

Durch die Einleitung unbehandelter zyanid- und schwermetallbelasteter Schlämme und Abwässer wird das Wasser des Río Tungki stark getrübt und die Sedimentation erhöht. Mit zunehmender Trübung durch Schwebstoffe dringt weniger Licht in das Wasser ein, was die Photosynthese als Grundlage der aquatischen Lebensgemeinschaft beeinträchtigt. Außerdem führt ein Teil der eingetragenen Stoffe zur Verringerung des Sauerstoffgehalts des Gewässers.

Bei stichprobenartigen Untersuchen des Sedimentes Ende 1995 konnten stark erhöhte Schwermetallbelastungen festgestellt werden, die Konzentrationen von Blei, Cadmium, Kupfer und Zink lagen um ein Vielfaches über den nutzungs- und schutzgutbezogenen Orientierungswerten der deutschen landwirtschaftlichen Untersuchungs- und Forschungsgesellschaft für nicht agrarische Ökosysteme, die zur Beurteilung der Belastung herangezogen wurden (es liegen keine WHO-Werte zu Sediment- oder Bodenbelastungen vor). Die Belastung der Sedimente mit Schwermetallen erscheint, obwohl keine unmittelbare Nutzung des Sediments bekannt ist, für Mensch und Umwelt besorgniserregend, und negative Auswirkungen z.B. über die Nahrungskette sind wahrscheinlich.

Die eingesetzte Zyanidmenge Ende 1995 lag bei 100 - 200 kg/ Tag. Stichpunktartige Wasserprobenentnahmen im November 1995 ergaben, dass die Zyanidbelastung des Río Tungki an der Einleitungsstelle bei 2,59 mg/l und bei Españolina 16 km flussabwärts bei 0,36 mg/l lag (37 Mal bzw. 5 Mal über dem Grenzwert der WHO für Trink­wasser von 0,07 mg/l).

Zyanid wird im Wasser bei ausreichendem Sauerstoffgehalt und hoher UV-Licht-Einstrahlung innerhalb weniger Tage abgebaut. Durch die starke Trübung und Sedimentation wird der Abbau von Zyanid behindert. Außerdem können schwer abbaubare Zyanid-Schwermetall-Komplexe entstehen.

Im Río Tungki ist durch die Einleitung der Abwässer etwa bis Españolina kein Fischleben feststellbar. Auch wird berichtet, dass immer wieder Vieh im Oberlauf des Flusses verendet.

Die Belastung ist für die überwiegend an den Gewässern lebenden Mayangna-Gemeinschaften besonders schwerwiegend, da der Fluss Lebensader für die Menschen ist. Wasser und Fische sind Lebensmittel, der Fluß wird zum Baden und Waschen genutzt und ist flussabwärts als Verkehrsweg unentbehrlich. In einigen Siedlungen wurden Trinkwas­serbrunnen gebohrt.

4.3       Umweltauswirkungen der Aufbereitung durch den Kleinbergbau

Auch die Aufbereitungsverfahren der Güiriseros erfordern zunächst die Zerkleinerung und Vermahlung der Primärerze. Die mit Quecksilber belasteten Rückstände werden am Arbeitsstandort abgelagert oder gelangen direkt in die Fließgewässer und erhöhen die Sedimentation.

Die größten Quecksilbermengen werden an den Standorten der Rastras und Pochwerke verbraucht. An vielen Stellen in der Gemeinde sind bereits in zurückliegenden Jahrzehnten Amalgamationsverfahren angewandt worden und haben zur Entstehung von Altlasten geführt.

Bei der Vermahlung der Primärerze werden auch Schwermetalle freigesetzt. Bei den Untersuchungen der Stichproben Ende 1995 wurden stark erhöhte Konzentrationen von Blei, Cadmium und Kupfer in Sedimenten nahe der Kleinanlagen festgestellt.

Die betroffenen Wassereinzugsgebiete des Río Pis-Pis und Waspanona werden auch durch Schwermetalle aus stillgelegten Minen des Bergbau-Unternehmens sowie Siedlungsabwässer der Gemeinde belastet. Die Fischpopulation im Río Waspanona ist laut den Anwohnern im Oberlauf verschwunden und im Río Pis-Pis wahrscheinlich zurückgegangen.

In welchem Maße der Quecksilbereinsatz und der Eintrag von Schwermetallen durch den Kleinbergbau die Gewässer-Ökosysteme beeinträchtigt, konnte bisher nicht ermittelt werden. Hierzu sind vor allem Messungen der Belastung mit Methylquecksilber notwendig, das in der Nahrungskette in gefährlichen Konzentrationen angereichert werden kann.

Die Inhalation von Quecksilberdämpfen bei der Verdampfung des Quecksilberanteils des Amal­gams kann zu akuten oder chronischen Vergiftungssymptomen führen. In Bonanza wird auch in den Häusern der Güiriseros Amalgam erhitzt, wodurch auch Kinder und wei­tere Familienangehörige von den Emissionen betroffen sind. Eine Gefährdung entsteht auch durch den direkten Hautkontakt mit Quecksilber, der bei der Amalgamation üblich ist.

5.         Empfehlungen

Aus der in der Gemeinde Bonanza vorgefundenen Umweltsituation wurden im Sinne eines vorsorgenden Schutzes der Umwelt und der Bevölkerung allgemeine und technische Empfehlungen formuliert, die kurz- bzw. mittel- bis langfristig dazu beitragen sollen, den Goldbergbau umweltverträglicher und effizienter zu gestalten sowie zu einer Lösung der Konflikte zwischen Industrie und Kleinbergbau zu verhelfen.

Zu den generellen Empfehlungen gehörten u.a.:

  • Festlegungen von Bedingungen für bergbauliche Aktivitäten unter Beteiligung von Wirtschafts- und Umweltministerium, Industrie und Güiriseros, Regionalregierung und Gemeinde.

  • Legalisierung des Kleinbergbaus und Schaffung organisatorischer Strukturen.

  • Bestandsaufnahme aller Ressourcen und Nutzungen vor der Aufnahme von Bergbauaktivitäten.

  • Monitoringprogramm für die von Schadstoffbelastungen betroffenen Umweltmedien.

5.1       Empfehlungen für den industriellen Goldbergbau

Allgemeine Empfehlungen

  • Weiterentwicklung und Stärkung der umweltrechtlichen Anforderungen an die Unternehmen und Stärkung des institutionellen Rahmens, in den die Genehmigungsverfahren eingebunden sind.

  • Kurzfristig Monitoringprogramm der Schadstoffbelastung von Luft, Wasser und Böden durch die Aufbereitungsanlage

  • Mittel- bis langfristig Explorationsprogramm und Abbauplanung (einschließlich Rekultivierungsmaßnahmen) in Zusammenarbeit mit dem Umweltministerium

Technische Empfehlungen

Erzabbau

Untersuchung der Arbeitsbedingungen und Gesundheitssituation der Beschäftigten und unter Vertrag stehenden Güiriseros, Entwicklung von Arbeitsschutzmaßnahmen, Bereitstellung der notwendigen Ausrüstung und sozialen Absicherungen

Aufbereitung

Generell erscheint eine Modernisierung der Anlage, orientiert an Standards, die zur Vermeidung und Verminderung von Umweltbelastungen führen, in Zusammenhang mit einer UVP die ökologisch sinnvollste und effizienteste Lösung. Welche Anreize oder Förderun­gen hierzu wirksam werden können, wäre zu prüfen.

  • Kurzfristig müssen Maßnahmen ergriffen werden, um eine weitere Einleitung der Abwässer in den Rio Tungki zu verhindern und die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten in der Anlage zu verbessern.

  • Vorsorgemaßnahmen und Notfallpläne für Unfälle im Betrieb

  • Information der Arbeiter und der Bevölkerung über die Belastungssituation und Risiken

  • Mittel- bis langfristig ist eine wesentliche Verbesserung des Verfahrensablaufes erforderlich, der den Reagenzieneinsatz, vor allem den Zyanidverbrauch, vermindert und die ordnungsgemäße Behandlung und Entsorgung der Rückstände gewährleistet (z.B. durch eine dreistufige Zyanidentgiftung und Bau eines abgedeckten Reststoffbeckens)

5.2       Empfehlungen für den Kleinbergbau

Allgemeine Empfehlungen

Der Kleinbergbau in Nicaragua befindet sich heute in einer schwierigen Lage. Nach dem Verschwinden der durch die Sandinisten für den Kleinbergbau geschaffenen Institutionen und Organisationsformen hat diese Tätigkeit einen informellen Charakter angenommen, die durch das immer noch gültige Bergbaugesetz von 1965 innerhalb von Konzessionen nicht erlaubt ist.

Um die Situation des Kleinbergbaus zu verbessern, sind Maßnahmen erforderlich, die neben der Verminderung der Umweltbelastungen ökonomische, rechtli­che und technische Vorteile oder tragfähige alternative Einkommenschancen für den Kleinbergbau umfassen und gemeinsam mit den Güiriseros entwickelt werden sollten. Ansätze für die Unterstützung des Kleinbergbaus als wichtige Einnahmequelle in der Region zeigt die folgende Abbildung:

Ansätze für die umweltverträgliche Entwicklung des Kleinbergbaus zur Vermeidung und Verminderung von negativen Auswirkungen

Technische Assistenz

Umweltbildung

Legalisierung

evtl. verbunden mit der Organisation des Goldhandels durch staatliche Institutionen oder NRO

Verbreitung von nachvollziehbaren Kenntnissen über Schadstoffe und ihre Wirkung

Rechtliche Festlegung von Techniken, Gebieten und Kapazitäten des Kleinbergbaus

Fortschritt bei der Entwicklung und Verbreitung von umweltverträglicheren bergbaulichen Verfahren

höheres Umweltbewußtsein und angepaßtes Verhalten bei den Güiriseros

Verbesserte Rechtssituation für die Güiriseros, verbesserte Kontrolle über die Kleinbergbauaktivitäten

Technische Empfehlungen

Technische Verbesserungen im Kleinbergbau müssen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen bei der Erzgewinnung und zur Reduzierung der Quecksilberbelastung durch die Aufbereitung beitragen.

Verbesserte Methoden und Techniken sollten gemeinsam mit den Güiriseros entwickelt werden und die neuen Verfahren oder Maschinen ohne großen Mittelaufwand in Nicaragua, wenn möglich in der Region, hergestellt werden können und einfach einsetzbar sein.

Aufbereitung

Durch Informationsangebote und technische Assistenz können bei der Aufbereitung der Erze unter verschiedenen Gesichtspunkten ökologische Verbesserungen erzielt werden:

  • Exploration des Kleinbergbaus. Durch eine verbesserte Exploration kann der Anteil nicht goldhaltiger Erze und damit der Reagenzienverbrauch (Quecksilber) sowie die Entstehung von Aufbereitungsrückständen vermindert werden.

  • Standort der Kleinanlagen. Um Beeinträchtigungen der Ufer und der Morphologie von Fließgewässern zu vermeiden, sollten die Anlagen in ausreichendem Abstand zu den Gewässern und mit Auffangeinrichtungen für die quecksilberbelasteten Schlämme installiert werden.

  • Quecksilberbelastung der Gewässer. Quecksilber oder Amalgam, das nicht aufgefangen wird, fließt bisher direkt in die Bäche oder Flüsse. Anzustreben ist die Gewinnung eines Vorkonzentrats durch gravimetrische Trennung. Der Quecksilberverbrauch wird damit reduziert, die quecksilberbelastete Materialmenge ist geringer und kann leichter behandelt bzw. kontrolliert werden.

  • Quecksilberbelastung der Luft. Zu Quecksilberbelastung kommt es auch beim Verdampfen des Quecksilberanteils des Amalgams in die Atmosphäre. Durch Verdampfen in geschlossenen Systemen, so genannten Retorten, können bis zu 99% dieses Quecksilbers wieder gewonnen werden. Retorten sollten gemeinsam mit den Bergleu­ten vor Ort entwickelt und verbreitet werden, da ihre Durchsetzung sonst erschwert wird.

  • Erzaufbereitungsrückstände. Das nach der Aufbereitung zurückbleibende gemahlene Erzmaterial wird in der Regel in der Umgebung der Kleinanlagen abgelagert. Teilweise kann Quecksilber aus Restma­terialhalden wieder ausgewaschen werden. Wird das Material abgelagert muss verhindert werden, dass Quecksilber weiter in die Umwelt transportiert wird. Langfristig müssen jedoch Verfahrensverbesserungen entwickelt werden, die verhindern, dass größere Mengen von Rückständen durch Quecksilber belastet werden.

6.         Aussichten

Der Goldbergbau in ökologisch sensiblen Räumen wie im Nordosten Nicaraguas wird immer ein Konflikt zu dem Ziel der Erhaltung der natürlichen Umwelt darstellen. Der Bergbau kann nicht zu einer nachhaltigen Nutzung entwickelt werden, da er sich auf die Ausbeutung nicht regenerierbarer Ressourcen richtet und Goldbergbau ohne Umweltbelastungen undenkbar ist. Für seine Lenkung können aber die Ziele einer nachhaltigen Entwicklung berücksichtigt werden wie die Erhaltung der Ressourcen und die Bewahrung von soziokulturellen Zusammenhängen.

Besonders in Entwicklungsländern, in denen nicht erneuerbare Rohstoffe ausgebeutet werden, besteht die Gefahr, dass in den betroffenen Räumen keine wirt­schaftliche Entwicklung initiiert wird, die Alternativen nach der Erschöpfung der Ressourcen bietet. Im Gegenteil finden oft Eingriffe in die Umwelt und lokale Soziokultur und Ökonomie statt, die bisherige Aktivitäten und Nutzungen der Bevölkerung beeinträchtigen und zerstören und zukünftig nicht mehr erlauben.

Um die natürlichen Ressourcen für zukünftige Nutzungen nach Erschöpfung der Edelmetallvorkommen zu erhalten, müssen Staat, Region, Gemeinde, Industrie und Güiriseros gemeinsam auf die Verminderung der Umweltauswirkungen des Goldbergbaus hinwirken.

Im Rahmen dieser Untersuchung konnten nur Ansätze für diesen Prozess entwickelt werden. Das Projekt BOSAWAS MARENA/GTZ bemüht sich bereits gemeinsam mit Güiriseros um die technische Weiterentwicklung des Kleinbergbaus und ein Monitoringprogramm der Gewässerbelastung. Wie die Industrie zu einer Modernisierung ihrer Verfahren bewogen werden kann, hängt von den staatlichen Eingriffsmöglichkeiten und Anreizen ab und ist derzeit nicht einschätzbar.

 

Literatur:

Der Artikel basiert auf auf einer Studie der Firma Ökoplan für das Projekt Ressourcenschutz und ländliche Entwicklung BOSAWAS MARENA/GTZ und der Diplomarbeit von Jens Wieting.

ÖKOPLAN (1996): Umweltverträglichkeitsstudie, Auswirkungen des Goldbergbaus in der Gemeinde Bonanza, Pufferzone des Naturreservates BOSAWAS, Nicaragua, Berlin

WIETING, Jens (1996): Umweltmanagement des Goldbergbaus in Nicaragua, Ansätze für eine umwelt- und sozialverträgliche Entwicklung der Gemeinde Bonanza, Diplomarbeit bei Prof. Dr. Volkmar Hartje, Studiengang Landschaftsplanung, Fachbereich 7 - Umwelt und Gesellschaft, Technische Universität Berlin, Berlin

Literarturliste:

BUNDESMINISTERIUM für wirtschaftliche Zusammenarbeit (Hrsg.) (1993): Umwelt-Handbuch. Band II, S. 175, Eschborn

EIKMANN, T.; KLOKE, A. (1991): Eikmann-Kloke-Werte; Nutzungs- und schutzgutbezogene Orientierungsdaten für (Schad-) Stoffe in Böden, in: Mitteilungen des Verbandes deutscher landwirtschaftlicher- und forstwirtschaftlicher Untersuchungsanstalten, Sonderdruck Heft 1

FAGERBERG, B. et al (1985): Small scale gold mining in Nicaragua, in: Raw materials report, Vol. 4, Nr. 1, Stockholm

IRENA (Instituto Nicaragüense de Recursos Naturales y del Ambiente) (1980): Evaluación del daño causado en la explotación minera, Siuna y Rosita, Managua (unveröffentlicht)

MARENA (1995): Informe de Visita de Campo a la Empresa Minera HEMCO (unveröffentlicht)

PRIESTER, M.; HENTSCHEL, T.; BENTHIN, B. (1992): Pequeña mineria-Técnicas y procesos, Deutsches Zentrum für Entwicklugstechnologien (GATE), Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit, (GTZ) GmbH, Eschborn

UNITED NATIONS (1993): Economic and Social Council, Committee on Natural Recources, Small-scale mining activities in developing countries and national legislation regarding enterprises in this area, Recent achievements in small-scale mining activities in developing countries, Report of the Secretary- General